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Schülermediencoach inklusiv (Teil 1)

„Wir wollen noch mehr Werbung sehen, bitte!“

Ein medienpädagogisches Projekt mit inklusivem Ansatz

Sie liegen nur einen kurzen Spaziergang voneinander entfernt: die Bodelschwinghschule und das Pfarrwiesen-Gymnasium in Sindelfingen. Ein Projekt des Caritasverbandes für Stuttgart e.V., gefördert von der Initiative Kindermedienland, hilft den beiden Schulen Inklusion in die Tat um zu setzen. Schülerinnen und Schüler lernen wie sie ihren gehandicapten Mitschülern in Medienfragen weiterhelfen können.

Der Workshop am Pfarrwiesen-Gymnasium in Sindelfingen ist bereits im vollen Gange. Elf Schülerinnen und Schüler schauen sich einen kurzen Clip zum Thema „Datenklau“ an, in dem eine Studentin mithilfe ihres Laptop und Smartphone ausspioniert wird. Die Schüler wissen zwar schon eine ganze Menge über Datenschutz, sind aber dennoch erstaunt. „Voll schrecklich wieviel die an einem Tag herausbekommen haben. Wieviel würden die erst in einem Monat rausbekommen?“ gibt einer Schülerin zu bedenken. Danach sollen Tipps gesammelt werden, wie man mit seinen Daten verantwortungsvoller umgehen kann. Das Ergebnis: öfter die Cookies löschen, nie die Passwörter speichern und stets die aktuelle Browser-Version nutzen.

Nach der großen Pause sollen die Schüler überlegen, welche Formen von Werbung sie kennen. Nachdem die klassischen Werbeformen wie Plakat, Radio, TV-Werbung aufgezählt wurden, werden auch die Produktplatzierungen bei Germany’s Next Topmodel und den Dauerwerbesendungen thematisiert. Dass diese Art von Sponsoring nichts Neues ist, wird anhand einer Szene aus Steven Spielbergs „E.T“ erklärt. Dann soll überlegt werden, welche Zielgruppen bestimmte Werbeclips ansprechen sollen. Der zweite Werbespot eines deutschen Finanzanbieters scheint nicht für Jugendliche gedacht zu sein. „Ich kenn den Werbeclip schon. Der kommt tausendmal am Tag und nervt mich tierisch.“ meldet sich eine Schülerin aus der zweiten Reihe. Als im nächsten Clip eines deutschen Versicherungsanbieters Dieter Bohlen einem tollpatschigen Handwerker zum Opfer fällt, kennen die angehenden Schülermediencoaches kein Halten mehr. „Wir wollen noch mehr Werbung sehen, bitte!“ tönt es gleichzeitig aus mehreren Kehlen.

Weil nicht nur der Konsum von Werbeclips Spaß macht, sondern auch deren Produktion, sollen die Schüler selber einen Werbeclip erfinden. In der nächsten halben Stunde dürfen sich die Schüler einen Werbeclip für einen Energydrink, ein Haarshampoo und einen Herrenduft überlegen. Im Nebenzimmer stehen bereits eine Kamera und eine grüne Leinwand bereit. Die Schüler beweisen ihr schauspielerisches Talent und halten die Produktpackung gekonnt in die Kamera. Zum Abschluss werden mithilfe des Greenbox-Effekts die aufgenommenen Sequenzen vor einen richtigen Hintergrund kopiert. Im fertigen Clip stehen die Schüler in mitten einer Einkaufsstraße oder vor einem Kornfeld. In der darauffolgenden Stunde werden die Ergebnisse kritisch geprüft. Kommt die Werbebotschaft richtig rüber? Wird der Zuschauer zum Kaufen animiert?

Interview mit den Machern des Projektes

Im letzten Modul des Tages dreht sich alles um Nachrichten. Damit die Schüler den Unterschied zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Nachrichten-Sendung erkennen, werden ein Tagesschau- und ein RTL-News-Beitrag zum selben außenpolitischen Ereignis abgespielt – dem Besuch der Verteidigungsministerin von der Leyen bei den deutschen Truppen in Afghanistan. Die Schüler sollen erkennen, dass bei der Tagesschau der Truppenabzug und die Sicherheitslage im Mittelpunkt standen, bei RTL hingegen der Tod des Vaters der Verteidigungsministerin. In einem darauffolgenden Rollenspiel dürfen die Schüler ihre eigenen News produzieren. Angenommen, sie dürften über die Qualität der Schulkantine einen Beitrag erstellen, wie würde der ausschauen? Mit einem Spielzeugmikrofon interviewt eine Schülerin „die Betroffenen“. Die Schüler machen ihrem Ärger Luft und der Beitrag ist im Kasten.

Im Rahmen des Projekttages haben wir mit dem Projektleiter Jürgen Jankowitsch, mit den Lehrern Regine Wagner und Alexander Mink sowie den Referenten gesprochen. Hier geht’s zum Interview. In den weiteren Projekt-Tagen haben die Teilnehmer/innen aus den Klassen 8 bis 10 vieles über ihren eigenen Medienkonsum gelernt. In insgesamt 13 Modulen werden sie zu Schülermediencoaches ausgebildet, um nachher in der benachbarten Bodelschwinghschule selber Kurse anzubieten. Bei dem von der Initiative Kindermedienland geförderten Projekt „Schülermediencoach +“ sollen sie Mitschüler/inne/n mit Handicap bei Medienfragen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das inklusive Projekt des Caritasverbandes für Stuttgart gewann 2014 eine Förderung des Ideenwettbewerbs der Initiative Kindermedienland.

Kontakt

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