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Ready to code - Jugendhaus Mitte (Stuttgart)

Mädchen von 12 bis 16 sind „Ready to Code“

Textilien mit LEDs zum Blinken bringen, eine eigene App programmieren oder die eigene Webseite gestalten – dies alles konnten Mädchen im Alter von 12 bis 16 beim „Girls Day 2019“ ausprobieren. Im Jugendhaus "das mitte" vermittelte das vom Kindermedienland geförderte Projekt „Ready to Code“, wie einfach Programmieren sein kann.

Lisa ist 12 Jahre alt und näht leidenschaftlich gern mit ihrer Nähmaschine. Als sie erfuhr, dass man beim Girls Day eigene Textilien mit Programmiercode und LEDs zum Leuchten bringen kann, wollte sie sofort mitmachen. Für den Workshop im Jugendhaus "das mitte" hat sie hellblauen Stoff mitgebracht. Damit will sie heute einen Handbeutel entwerfen, der rot und grün blinken kann.

Die Macherinnen und Macher von „Ready to Code“ haben sich am Girls Day 2019 in Stuttgart auf vier Workshops verteilt. Im Jugendhaus "das mitte" und im Jugendhaus Degerloch zeigten sie wie man Textilien mit dem Arduino-LilyPad digital erweitert oder wie man eigene Webseiten programmiert. Und in der Merz Akademie entwickelten sie mit den Teilnehmerinnen eigene Applikationen. Das entsprach voll und ganz dem Konzept des Girls Day – einer „klischeefreien Berufsorientierung“. Den Teilnehmerinnen winkt beim Girls Day neben einem Tag schulfrei nämlich ein spannender Einblick in für sie bislang ungewohnte Berufe, wie Architektin auf der Stuttgart 21-Baustelle. Oder eben Software-Entwicklerin wie bei „Ready to code“.

Lisa hat sich vor dem Workshop das Programmieren viel schwieriger vorgestellt. „Eigentlich ganz einfach“ sei es aber am Schluss gewesen. Im vorgefertigten Code musste sie nur eintragen, an welchen Anschlüssen des Lilypads die LEDs befestigt werden und in welchem Intervall die Lämpchen blinken sollen. Aber ganz so unkompliziert war das Unterfangen für Lisa dann doch nicht: „Das Nähen selbst, war ziemlich tricky. Weil man so nähen muss, damit nachher noch die LEDs reinpassen“, erklärt die 12-Jährige. Zuhause will sie an dem Beutel weiterarbeiten – das Ganze muss noch zugenäht werden.

„Wenn die merken, wie einfach Programmieren geht, dann nimmt ihnen das auch später die Angst, etwas Technisches bei der Berufswahl auszuprobieren“, erklärt Projektleiterin Lena Mohr. Sie selber hatte sich nicht vorstellen können, selber zu programmieren. Während ihres Informationsdesign-Studiums an der Stuttgarter Hochschule der Medien stand – zu ihrem Entsetzen – „Programmieren in PHP“ auf dem Vorlesungsplan. „Ein guter Freund gab mir Nachhilfe und hat mir das super gut erklärt – da hat es auf einmal Klick gemacht“, erinnert sie sich. Ähnlich ging es auch Annabel, eine der Tutorinnen bei „Ready to Code“. Sie arbeitet als Software-Entwicklerin in einem Stuttgarter Software- und Business Innovation Unternehmen und wollte eigentlich Journalistin werden. Beim Studium hat ihr „ein guter ‚Prof‘ die Freude am Programmieren vermittelt“, weshalb sie noch ein Informatik-Masterstudium anhängte, in dem sie eine von vier Frauen unter fünfzig Männern war. Seitdem ist sie als Entwicklerin für weltbekannte Modelabel oder Bauunternehmen tätig. Eines ihrer Projekte – ein übermenschliches Auge voller Sensoren und LEDs – wurde sogar bei der Expo 2010 in Shanghai ausgestellt.

Lena Mohr, die Koordinatorin von „Ready to Code“ lernte bei einem Praktikum in Peru das Projekt „Laboratoria“ kennen, bei dem Frauen zu Software-Entwicklerinnen ausgebildet wurden. Davon inspiriert, überlegte sie sich nach dem Studium, wie man auch in Deutschland die Lust am Programmieren wecken kann. Ihr Eindruck war bislang, dass schulische Förderung von Programmierkenntnissen in Deutschland „noch viel Luft nach oben hat“, was sich auf die beruflichen Einstiegschancen der jetzt jungen Generation auswirkt. Sie ist überzeugt: „Mittelfristig werden Jugendliche, die jetzt anfangen, sich da reinzufuchsen, mehr Vorteile in der Berufswelt haben“.

Zusammen mit ihrem Kommilitonen Immanuel von Detten entwickelte sie das Konzept zu „Ready to Code“. Das Jugendhaus "das mitte" war recht schnell von der Idee begeistert und bot die eigene Digitalwerkstatt für erste Workshops an. Schnell merkte Lena Mohr, dass je jünger die Teilnehmenden sind, umso stärker der Einfluss auf die spätere Entwicklung ist. Daher konzentriert sich „Ready to Code“ auf Mädchen im Alter von 12 bis 16. Ab und zu werden auch Workshops für Jungen und Mädchen zusammen angeboten. Die Dynamik ist aber eine ganz andere. „Jungs glauben ganz schnell, dass sie nach ein paar Klicks bereits wissen, wie man programmiert. Mädchen sind da wesentlich zurückhaltender und trauen sich weniger zu“, so die Beobachtung von Lena Mohr.

Während Lisa an ihrer LED-Tasche bastelt, programmieren zwei Räume weiter Mädchen in Zweier-Teams an ihren eigenen Webseiten. Emily zeichnet unheimlich gerne, z. B. „Logos von Rockbands oder auch mal Blumen und Tiere – weil das die Oma lieber mag“. Weil sie bei der schulischen Berufsberatung herausgefunden hat, dass sie später Grafikdesignerin lernen möchte, schien das Angebot, beim Girls Day eine eigene Webseite gestalten zu dürfen, sehr verlockend. Heute darf sie bei „Ready to Code“ eine Webseite für ihr Portfolio als Designerin entwickeln. Mit einfachen Übungen, wie dem Austauschen von Bildern mithilfe des HTML-Codes lernt sie die Zusammenhänge zwischen Programmiersprache und der Webseite.

Effi, Informatik-Studentin und Vorstandsmitglied von Ready to Code, hat zum Einstieg des Webseiten-Workshop gezeigt, wie man mit wenigen Klicks auf spiegel-online.de die Bilder austauschen kann. Mit dem „Webseiten-Inspector“ machen sich die Teilnehmerinnen ans Werk und tauschen das Foto von Großbritanniens Ministerpräsidentin gegen Katzenbilder aus – die Headline lautet „Die Katzen feiern Ostern“. Dass Webseiten-Code in „head“ und „body“ eingeteilt wird, erklärt Effi anhand eines einfachen Vergleiches: „Die Head ist so wie die Speisekarte in einem Restaurant. Der Body ist dann das Essen mit Besteck und Tellern.“ Zur besseren Veranschaulichung hat sie Papierstreifen mit Code-Schnipseln mit gebracht auf denen <gericht id=“dessert“> oder <sosse class=“schokolade“> steht. Die Mädchen sollen damit das Mittagsmenü eines Restaurants „programmieren“.

„Der Zugang zum Programmieren steht und fällt mit einer anschaulichen Vermittlung“ der Materie, erklärt Annabel. Sie findet Angebote wie Ready to Code „absolut wichtig, um Mädchen schon in jungem Alter die Angst vor dem Programmieren zu nehmen.“ Leider werden heutzutage weiterhin stereotype Rollenbilder – beim Spielzeug oder in Medien –  vermittelt und beeinflussen so die Berufswahl von Mädchen, bedauert Annabel. Mit praxisnahen Vermittlung sowie mit leicht zugänglicher Technik, wie den programmierbaren Arduino-LEDs oder der Scratch-Software, ist der Einstieg in die Welt des Programmierens viel leichter als früher. „Mit LEDs und Platinen ein T-Shirt leuchten zu lassen, bietet einen hervorragenden Einstieg und man merkt, dass das keine Magie ist“.

Ready to Code gewann im Februar 2019 beim Förderprogramm der Initiative „Kindermedienland Baden-Württemberg“ einen Betrag von 14.960 Euro. Mit dem Förderprogramm „idee-bw“ unterstützt das „Kindermedienland“ ausgewählte Leuchtturm-Projekte, um die Medienbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Land nachhaltig zu stärken.

Einen Einstieg in die Welt des Programmierens erhalten Schülerinnen und Schüler auch in den Workshops von 101 Schulen und dem Schüler-Medienmentoren-Programm (SMEP). Um Jugendlichen und Eltern beim sinnvollen Umgang mit Medien zu unterstützen, bietet das Programm 101 Schulen verschiedene Veranstaltungsformate an. Möglich sind auch Workshops zu den Themen „Programmieren und Robotik“.

Unter dem Motto "Wissen weitergeben" bildet das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ) schon seit einigen Jahren Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren zu Schüler-Medienmentoren aus. Schülerinnen und Schüler lernen bei SMEP, wie sie mit Medien Workshops durchführen können. In den Workshops können auch programmiert werden. Schulen können Schülergruppen (ab Klasse 7) zu SMEP anmelden. Nähere Informationen und ein Anmeldeformular finden Sie hier.

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